Zootiere sterben an COVID-Impfung?
Auf Twitter kursiert neuerdings ein Artikel, der vom vermehrten Sterben von Zootieren nach einer Impfung gegen COVID-19 berichtet. Mehrere Giraffen, Großkatzen und Bären sollen infolge solcher Impfungen bereits verendet sein. Die Empörung unter den Twitter-Usern ist groß. Doch was ist hier wirklich dran?
Was wird behauptet?
„‚Plötzlich und unerwartet‘ sterben ‚geimpfte‘ Zootiere“ – so lautet die Schlagzeile des vielfach geteilten Artikels. Der Text suggeriert, dass in verschiedenen Zoos in den USA gehäuft Todesfälle bei Tieren infolge einer Impfung gegen das Coronavirus auftreten. Anhand von sieben Fallbeispielen verstorbener Tiere wird versucht, diese Behauptung zu belegen. Betrachtet man die Fälle jedoch einzeln und genauer, zeigt sich ein ganz anderes Bild.
Plötzlich und unerwartet?
Als Todesursache der beiden Giraffen Auggie und Jessie im Dallas Zoo konnte Leberversagen festgestellt werden. Der Zoo bestätigt außerdem, dass die beiden Tiere keine Impfung gegen COVID-19 erhalten haben. Diese Tatsache wird sogar im Artikel angeführt. Es ist also fraglich, warum dieser Fall hier überhaupt als „Beispiel“ herangezogen wird.
Auch Willow, die jüngere verstorbene Giraffe im Zoo von Maryland, kann nicht als Fallbeispiel genannt werden. Zwar hat der Zoo in einer Presseaussendung angekündigt, bestimmte Spezies gegen Corona impfen zu wollen – allerdings nur Flussotter, Schimpansen und Katzenartige. Ob das tatsächlich passiert ist und ob auch die Giraffen eine Impfung erhalten haben, ist vom Zoo nicht bestätigt. Die Ankündigung wurde zudem im September 2021 ausgeschickt, also bereits anderthalb Jahre vor dem Tod von Willow.
Die Tode der Löwinnen Sukari im San Francisco Zoo und Nala im Lake Tobias Wildlife Park gehören ebenfalls nicht in eine Aufzählung plötzlicher Todesfälle nach Impfungen. Denn beide Tiere waren bereits älter und litten an aggressiven Formen von Krebs. Sukari wurde vor ihrem Tod monatelang einer Chemotherapie unterzogen. Von „plötzlich und unerwartet“ kann hier also keine Rede sein. Zudem bestätigt keiner der beiden Zoos, Tiere gegen COVID-19 geimpft zu haben.
Der im Oregon Zoo verstorbene Schwarzbär Takoda verendete infolge der Betäubung für eine Routineuntersuchung an Herzversagen. Auch hier ist nicht bestätigt, dass der Bär eine Impfung erhalten hat. Eine Meldung vom März 2021 berichtet lediglich, dass Impfstoff bestellt wurde. Die Behauptung im Artikel, dass Takoda geimpft gewesen sei, ist also schlichtweg falsch.
Ebenfalls an Herzversagen starb Le Le, ein Panda im Memphis Zoo. Dieser war bereits 24 Jahre alt, die durchschnittliche Lebenserwartung von Pandas liegt bei 20-30 Jahren. Eine Impfung wurde auch hier 2021 angedacht, ihre Durchführung jedoch nie bestätigt.
Woher kommen die Behauptungen?
Der Artikel basiert auf Aussagen von Mark Crispin Miller, einem US-amerikanischen Professor für Medienwissenschaft. Fachlich hat er also nichts mit Zoomedizin zu tun. In den USA ist er außerdem für seine Unterstützung von diversen Verschwörungstheorien bekannt. Miller ist nicht nur bekennender Impfgegner, sondern geht beispielsweise auch von einer Beteiligung der US-Regierung an 9/11 aus.
Als Autor des Artikels ist ein gewisser Assoc. Prof. Dr. Stephan Sander-Faes angegeben. Auch dieser hat seine akademischen Grade allerdings nicht etwa in (Veterinär-)Medizin erworben, sondern in Geschichte. Inwiefern ein Historiker eine Expertise zu einem zoomedizinischen Thema abgeben kann, ist fraglich. Außerdem handelt es sich auch bei ihm um einen offenkundigen Impfgegner.
Schas oder Ka Schas?
Der Faktencheck zeigt also: Der Artikel ist ein Schas. Die Behauptungen sind falsch, kein einziges der Zootiere ist nachweislich an den Folgen einer Corona-Impfung gestorben. Im Gegenteil: In keinem einzigen Fall ist bestätigt, dass die Tiere eine Impfung erhalten haben. Für jedes der Tiere konnte eine andere Todesursache festgestellt werden. Bei einigen Zoos ist lediglich von einer Bestellung des Impfstoffes die Rede, nicht aber davon, ob, wann und welche Spezies tatsächlich geimpft worden ist.
Nachweislich gegen Corona geimpft wurden hingegen einige Großkatzen, Bären und Frettchen 2021 im Oakland Zoo. Das bestätigt auch der Hersteller des Impfstoffes, Zoetis. Bei den betroffenen Tieren liegen keine Meldungen über Schäden oder Todesfälle vor, was darauf schließen lässt, dass die Impfung gut vertragen wurde.
In den Zoos und Tiergärten im deutschsprachigen Raum ist übrigens kein einziges Tier gegen COVID-19 geimpft worden, wie der Verband der Zoologischen Gärten (VdZ) auf Nachfrage bestätigt.
Autorin: Katja Kaufmann
Beitragsbild:
„Panda géant (Ailuropoda melanoleuca) (1)“ by Gzen92, CC BY-SA 4.0
„Giraffe Südafrika“ by Dellex, CC BY-SA 4.0
„Okonjima Lioness“ by Falense, CC BY-SA 3.0
„Yellowstone-0169“ by Hans Stieglitz, CC BY-SA 3.0
„Oxford AstraZeneca COVID-19 vaccine AZD1222 – 4“ by Arne Müseler, CC BY-SA 3.0
„Magnifying glass icon mgx2“ by AlphaZeta, CC BY-SA 1.0