Arbeiten und Reisen mit der Antifa Group©?
Alerta, Alerta! Auf Facebook ist uns kürzlich ein Beitrag in die Augen gestochen, der aufhorchen lässt. Am 20. April wurde von einer Seite namens „Antifa UG – haftungsbeschränkt“ (https://www.facebook.com/antifaug/?locale=de_DE) ein Aufruf gepostet, dass die „Last Generation Berlin GmbH“ „Mitarbeitende“ für „Blockade- und Klebedienstleistungen“ bei einer Demonstration suche, mit einer Auflistung von teilweise abstrus klingenden Gehältern, Pauschalen und Prämien. Es folgt „Werbung“ für Dienstleistungen der „AFA 161 Antifa Reisen GmbH“ (https://www.facebook.com/antifareisengmbh?locale=de_DE), der „Antifa Catering GmbH“ (https://www.facebook.com/antifacatering?locale=de_DE) und der „Antifa Genussmittel GmbH“ (https://www.facebook.com/AntifaGenussmittelGmbH?locale=de_DE). Teilnahmemöglichkeit über die „iAntifa-App“ besteht ausschließlich für Mitglieder des „Antifa e.V.“. Wo soll man da anfangen?
Zunächst zum Namen der Facebook-Seite. „Antifa UG – haftungsbeschränkt“. Eine kurze Recherche ergibt schnell, dass eine solche Unternehmergesellschaft nirgendwo eingetragen ist und somit auch nicht existiert. Unter Antifa versteht man in der Regel die real existierende „Antifaschistische Aktion“, eine superdezentralisierte militante Organisation, in der sich Akteure der politischen Linken fast jeder Couleur, von gemäßigten Sozialisten über Kommunisten bis hin zu Anarchisten zusammenschließen können, um gegen reaktionäre, konservative, neofaschistische oder neoliberale politische Strömungen und/oder Polizeigewalt vorzugehen. Die Antifa organisiert sich in der Regel relativ spontan, oft als Reaktion auf politisch rechte Aufmärsche. Sie ist absolut antihierarchisch und einzelne Antifa-Gruppen können sich in ihrer Radikalität und ihren politischen Ansichten stark unterscheiden. Um die Organisation ranken sich viele populäre Verschwörungsmythen. So würden sich Antifas gerne in eigentlich friedliche rechte Demonstrationen einschleusen, um von innen heraus Gewalteskalationen zu provozieren, Wahlen manipulieren, sich als Journalisten oder Beamte ausgeben und vieles mehr! Auch die heute betrachtete Facebook-Seite bedient sich einiger dieser Mythen, doch dazu später mehr. Dass ausgerechnet diese hochgradig horizontal organisierte Gruppe irgendeine übergeordnete Instanz, geschweige denn eine Firma haben soll, ist schlichtweg absurd, da die Antifa natürlich eine antikapitalistische Position einnimmt.
Werfen wir nun einen Blick auf den Inhalt der Facebook-Seite selbst. Die Seite scheint noch aktiv zu posten, der letzte Post stammt vom 14. Mai. Als Steckbrief ist dort zu lesen: „Schadens- und Verletzungsdienste, Wahlbegleitdienste und vieles mehr“. Solche Dienstleistungen gibt es natürlich nicht. Die Seite ist zudem bei Facebook als Schadensregulierungsservice registriert, als Adresse ist das Alsterufer 27 in Hamburg angegeben, die Adresse des amerikanischen Konsulats. Die angegebene Telefonnummer ist ebenfalls in Hamburg gemeldet und registriert, führt aber bei der Suche nur zur Facebook-Seite selbst. Folgt man dem Link zu der angegebenen Website „antifa.top“, wird man auf die Homepage von „Exit Deutschland“ weitergeleitet, einer Organisation, die Personen aus der rechtsextremen Szene beim Ausstieg aus dieser unterstützen will. Die angegebenen Daten sind natürlich merkwürdig. Eine Firma mit Sitz im US-Konsulat in Köln, die Dienstleistungen anbietet, die es gar nicht gibt.
Aber schauen wir uns die Posts selbst genauer an. Da wird es nicht weniger absurd. Von weiteren Aufrufen, gegen Bezahlung beispielsweise Wahlen oder Gerichtsverhandlungen zu manipulieren, über scheinbar abstrus formulierte Berichte aus dem „Geschäftsleben“ bis hin zu Postings, die sich schlicht über rechte Politik und Politiker lustig machen, bleibt der Ton der Seite durchgehend unseriös und inkohärent.
Nun aber zum eigentlichen Thema. Natürlich sind auch Blockade- und Klebedienstlleistungen keine real existierenden Dienstleistungsformen. Auch die „Last Generation Berlin GmbH“ ist kein existierendes Unternehmen, das irgendwo eingetragen wäre. Die „Letzte Generation“ wiederum ist kein Unternehmen, sondern ein in Deutschland und Österreich agierendes Aktivistenbündnis, das mit Mitteln des zivilen Ungehorsams die Umsetzung wirksamer Klimaschutzmaßnahmen durch die Politik erzwingen will. Zudem gab es am 22. April in Berlin keine Straßenblockaden der letzten Generation, es wurden lediglich einige Luxusgeschäfte am Ku’damm mit Farbe besprüht. Man kann also davon ausgehen, dass auch keine der angekündigten Löhne, Zuschläge, Pauschalen oder Prämien ausgezahlt wurden, obwohl die Betreiber der Facebook-Seite im Kommentarbereich behaupteten, sie hätten genügend Personal gefunden und man solle bitte keine weiteren Anfragen stellen. Auch ist es höchst seltsam, warum die Kontrolle ausgerechnet mittels Video- und Satellitenaufnahmen erfolgen soll und man nicht einfach einen Mitarbeiter zur Überprüfung vorbeischickt? Die weiters verlinkten Seiten „AFA 161 Antifa Reisen GmbH“, „Antifa Catering GmbH“ und „Antifa Genussmittel GmbH“ sind ebenfalls keine realen, irgendwo gelisteten Unternehmen und werden in einem sehr ähnlichen unseriösen Stil betrieben wie diese Seite. Zu guter Letzt ist auch die iAntifa App in keinem gängigen Appstore oder sonstwo zu finden und die Top-Suchergebnisse führen lediglich auf die Facebook-Seite der „Antifa UG – haftungsbeschränkt“. Was soll man nun aus diesem Sammelsurium von Widersprüchen machen? Ist es ein Schas? Ist es kein Schas? Natürlich ist es ein Schas. Die „Antifa“ ist eine linke Organisation, kein Unternehmen. Die „Letzte Generation“ ist eine Protestorganisation, keine Firma. Niemand wurde dafür bezahlt, auf der Straße zu kleben, Autos zu blockieren, und keiner der Protestierenden oder sonst jemand durfte mit einer der aufgelisteten „Antifa-Firmen“ Urlaub machen. Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, dass eine Antifa-Gruppe nicht doch stärker in die Facebook-Seite involviert ist. Auch wenn darüber nur spekuliert werden kann, lassen die teilweise völlig absurden Postings, gemischt mit scheinbar ernst gemeinter Kritik und Satire an rechter Politik, die Vermutung zu, dass sich hier mehr oder weniger Angehörige der Antifa einen Spaß erlaubt haben und durch Übertreibung und Ironie auf die Schippe nehmen wollen, wie ihre politischen Gegner glauben, dass sie tatsächlich agieren.